Eleonora Magdalena von Pfalz-Neuburg an Johann Wilhelm von Pfalz-Neuburg, Wien am 1697.10.30
Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Kasten blau, 44/7
Ausfertigungeigenhändig
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000130 decembris 970002Durchleüchtiger Cuhrfürst, mein herzallerlibster herr bruder 0003Ich hab dero liebe schreiben vom 21ten august durch den Balla- 0004rin, vom 11ten septembris durch den Montauti vndt vom 3ten 0005vndt 5ten dis woll empfangen. Erfrewe mich 0006von herzen dero Liebden gutte gesuntheit vndt conti- 0007nuierden glükhsehligen standt an leib vnd sehl, 0008welches ich mit mehren von Pater Gräz mitt 0009meinem vnauschprechligen trost vndt freüd 0010vernommen. Vndt glaube kreftliglich, 0011der libe gott werde iezt auch die so
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0012hoch verlangte sucession verleyen, ich werd 0013deswegen bey disen gnaden bildt ein eigne andacht 0014halten laßen. Ich kan aber dero Liebden nit bergen, das die 0015gewiße bewuste person Altham, so erst kurz geheirat, 0016ein kerl, der kein mensch weis, wer oder woher 0017etwan vom galgen gefallen vndt hier sich vill 0018vantirt, zue dero Liebden preiudiz auch verlauten last, 0019wan man ihren man hier nit accommodiren 0020werde, woll sie wider nach Düßeldorf, das woll 0021gott verhütten. Ich hab ihr zwar ein höflige 0022post sagen laßen, die hoffentlich den lust wirt 0023vergehn machen. Ich bitt aber dero Liebden aus aller 0024affection, so sie ie gegen mich gehabt, vohr dero 0025liebste gemahlen vndt vohr sich selber haben, sie 0026laßen ihr durch iemand von dero bedienten hir sagen 0027vndt auch von dort schreiben, ernstlich das
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0028sie ihr disen lust soll vergehn laßen, sonst werd 0029sie niks als affront, schimpf vndt schandt 0030zu gewarten haben, dan sie mehrer gnaden empfangen, 0031als sie werdt ist, vndt hatt vohr ihre meriten 0032genug zu leben, ist merer nit werd vndt ihr 0033kerl auch keines accomodements würdig. 0034Dero Liebden werden mihr hoffentlich mein freis schreiben 0035vndt gegebenen raht nit verübeln, weiln er 0036aus trewem herzen geschicht vndt zue dero Liebden besten 0037vndt auch, welchs mihr zum meisten zu herzen geht, 0038es ist auch nit gutt, das sie lang hier bleib, 0039dan sie macht nuhr die leüdt mehr reden, 0040gahr nit vohr vns auantagios. Ich sag dero Liebden 0041schuldigen dankh vohr die gratulation zue victori, 0042haben woll allein gott darumb zu danken. 0043Ist mihr nuhr leidt, das nit alles das dero Liebden
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0044schiken kan, was sie verlangen, weil kein einzigs ganzes 0045zelt bekommen worden, weil das leger über 0046das waßer vndt bey der nacht die vnsrigen es 0047nit gesehn. So haben deils die türken, deils baurn0048vnd rahtzen die zelt alle zertrumert, 0049das lauter fezen, halbe vndt stüke bekomen 0050worden, weder pels noch buschen aus der 0051vhrsach, weil die meisten ersoffen, vndt was 0052auf dem landt bliben wie ein berg übereinander 0053gelegen, das gahr ein lebendiger Bascha drunter 0054gelegen, der 4000 ducaten verschprochen, wan ihn 0055die musquetir heraus brengen. Sie haben ein ganzen 0056dag gearbeit vndt den kerl schir zerißen, haben ihn 0057nit heraus brengen können, so seindt die dohten 0058aufeinander gelegen. Darnach hats so gestunken, 0059das die arme aus forcht krankheits halben weiter 0060marchirn müßen. Etlige fahnen werd überschiken
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0061mit nechster gelegenheit. Haben 80 her geschikt, die übrigen 0062haben deils die alliirten bekomen, deils die soldaten 0063selbst zerißen vndt halsdücher daruon gemacht, 0064auch gleich hier hin vndt wider so gebettelet, 0065das schon vill vndt schier die meisten daruon 0066verschenkt seindt, doch werd so vill müglich 0067bey ihr Mayestät ausbitten. Keine pauken haben sie nit 0068geschikt, haben woll keine bekommen. Ich hab laßen schreiben 0069zur armee, ob dort noch zue bekommen, so 0070werds dero Liebden fleisich schiken. Es ist eben nit vill 0071caualleri geweßen, was ist geschlagen worden, 0072meistendeils infanteri. Zue des Kauniz erlaubnus 0073will gahr gern cooperiren, so vill ihr Mayestät dienst 0074erleiden wirt. Landgraf Friz due so vill anhandt stehen 0075als moglich, ist aber vnmöglich überall 0076zu kleken, wan man nuhr kundt machen, das 0077er mocht ein beneficium bekhum, das
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0078das er zu leben hatt. Der Teliers ist nit 0079hir, so balt er kombt, werd ihn dero Liebden schiken, auch 0080villeicht einen medicum, so konnen 0081dero Liebden den Duven auch dazu sezen. Mit disen 0082due ich mich dero Liebden befehlen vndt werde sterben 0083dero Liebden 0084getrewste schwester 0085Eleonora 0086Wien den 30ten octobris 1697 0087Die von Achen haben mihr dis memorial geben, 0088ich due es dero Liebden bestens reccomendiren, dero 0089clemenz wirt den armen gnad laßen widerfahren.